Simon Lorch III. trug die Häftlingsnummer 24252

Kurzbeschreibung

Am 9. November 2018 fand im Landratsamt Dieburg ab 15 Uhr eine Gedenkveranstaltung anlässlich des 80. Jahrestages der Reichspogromnacht statt. Diese Veranstaltung wurde von Schülerinnen und Schülern der Dieburger Goetheschule moderiert. Der künstlerische und medienpädagogische Teil wurde von der Kuratorin Diana Barbosa vom Verein Netzwerk Bahnhof Langstadt e. V. verantwortet. Die Gedenkveranstaltung war der öffentlich sichtbare Abschluß eines ca. sechsmonatigen Schülerprojektes im Rahmen des Geschichtsunterrichts an einer 10. Klasse des gymnasialen Zweiges der Goetheschule.

Zielgruppe

Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse des gymnasialen Zweiges der Goetheschule Dieburg

Angebotsformen

  • wöchentliche Treffen im Rahmen des regulären Geschichtsunterrichts
  • Kurzexkursionen innerhalb Dieburgs
  • Tagesexkursion zum KZ Buchenwald
  • Vorbereitung und Durchführung der Abschlussveranstaltung

Team

  • Karl Rupp (Geschichtslehrer – inhaltliche Leitung)
  • Diana Barbosa (Kuratorin – künstlerische und medienpädagogische Leitung)

Projektpartner

Geschichtlicher Hintergrund

Am 10. November 1938 wurden zehn Dieburger Juden zwischen 16 und 63 Jahren in Schutzhaft genommen, in der Haftzelle der Bürgermeisterei eingesperrt und einen Tag später ins Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar gebracht. Dort mussten sie Prügel, unmenschliche hygienische Verhältnisse, Hunger und entmenschlichende Zustände über sich ergehen lassen. Neun von ihnen kamen noch im November nach Dieburg zurück und mussten vorher versprechen, nichts über das Erduldete zu berichten. Nur der 63-jährige Simon Lorch III. überlebte die Quälerei nicht, sondern kam am 27.11. angeblich durch „Herzschwäche“ dort um und wurde eingeäschert. Seine Familienangehörigen mussten seine Asche auf der Bürgermeisterei abholen.

In der Reichspogromnacht wurde die Inneneinrichtung der Synagoge am Marktplatz von SA-Männern zertrümmert; wurden Schaufensterscheiben, jüdische Geschäfte und Häuser verwüstet und deren Bewohner misshandelt.

Projektablauf

Vorstellung bzw. Besuch verschiedener Orte der Erinnerungskultur

Zum Einstieg in das Projekt wurden verschiedene Projekte bzw. Orte der Erinnerung an den Holocaust vorgestellt und diskutiert.

Historische Erarbeitung und Diskussion der zentralen Problemstellung

Im zweiten Schritt wurden die Ereignisse um die Reichspogromnacht, wie sie in Dieburg geschehen sind, recherchiert und erarbeitet und dann die zentralen Fragen des Projektes diskutiert:

  • Wie können wir einen eigenen Ausdruck der Erinnerungskultur in Dieburg finden bzw. gestalten?
  • Wie schaffen wir es, dass wir uns in Zukunft immer wieder an unser Projekt und damit an die Ereignisse in der Reichspogromnacht in Dieburg erinnern (können)?

Die Ideen der Schülerinnen und Schüler

Im dritten Schritt wurden die Ideen der Schülerinnen und Schüler aufgegriffen und gesammelt. Die Gruppe einigte sich darauf, die Gedenkveranstaltung des Landkreises Darmstadt-Dieburg anlässlich des 80. Jahrestages der Reichspogromnacht künstlerisch zu gestalten. Die Schülerinnen und Schüler erarbeiteten eine dramaturgische Struktur für die Gedenkveranstaltung, die sowohl die Aufarbeitung der historischen Ereignisse als auch die gegenwärtige Erinnerung sowie die eigenen Wünsche für das gemeinschaftliche Zusammenleben in Gegenwart und Zukunft berücksichtigt.

Künstlerische Umsetzung

Die Gedenkveranstaltung fand zunächst in den Räumen der Volkshochschule des Landkreises Darmstadt-Dieburg statt, um das 1938 Geschehene in angemessener Form zu artikulieren.

Vergangenheit

  • Eröffnung der Gedenkveranstaltung und Vorträge zur Reichspogromnacht in Dieburg durch
    • Dagmar Wucherpfennig (Kreistagsvorsitzende Kreis Darmstadt-Dieburg)
    • Klaus Peter Schellhaas (Landrat des Kreises Darmstadt-Dieburg)
    • Frank Haus (Bürgermeister der Stadt Dieburg)
  • Projektion eines Videos, das die Namen der am 10. November 1938 deportierten Dieburger aufzeigt
  • Nachzeichnung der Lebenswege der verschleppten Dieburger Juden durch die Schülerinnen und Schüler der G10d

Gegenwart und Zukunft

Nach den Vorträgen begaben sich die Zuhörer nach draußen, vor das Landratsamtsgebäude, vorbei an einer Installation aus zertrümmerten Alltagsgegenständen, die die Schülerinnen und Schüler als Symbol für die Zertrümmerung der Lebenswelt der damals inhaftierten Dieburger erstellt hatten.

Gemeinsamer Versammlungspunkt war der Vorplatz des Landratsamtsgebäudes, wo sich das Dieburger Mahnmal für die ermordeten Juden („Gedankenstein“) befindet. Hier hatten die Schülerinnen und Schüler eine Audiocollage mit ihren Statements und Forderungen für das menschenwürdige Zusammenleben aller Bürgerinnen und Bürger in der Gegenwart und in Zukunft vorbereitet.